SAP hat laut einem aktuellen Bloomberg-Bericht eine Vereinbarung mit Microsoft getroffen, die in Krisenszenarien für europäische Nutzer von Microsoft-Cloud-Diensten eine wichtige Absicherung bietet.
Worum geht es genau?
Der Deal sieht vor, dass SAP über seine „Delos Cloud“ den Zugang zu Microsoft-Cloud-Services in Europa auch dann aufrechterhält, falls eine fremde Regierung (etwa die USA) versuchen sollte, diesen Zugriff im Notfall abzuschalten. SAP spricht selbst von „Sicherung der Geschäftskontinuität“ für wichtige Kunden, insbesondere staatliche Einrichtungen. Delos Cloud ist dabei ein zentraler Baustein von SAPs souveränem Cloud-Portfolio.
SAPs Strategie: Digitale Souveränität stärken
Bereits zuvor hatte SAP eine massive Investition von über 20 Milliarden Euro in sein souveränes Cloud-Angebot angekündigt. Dieses Kapital fließt in verschiedene Modelle:
- Eine eigene IaaS-Plattform („SAP Cloud Infrastructure“), betrieben in europäischen Rechenzentren. (https://news.sap.com/2025/09/sap-deepens-european-cloud-sovereignty-offering-unlock-regional-ai-innovation)
- Eine „On-Site“-Lösung, bei der SAP Infrastruktur in Kunden-Rechenzentren betreibt – etwa bei stark regulierten Behörden.
- Die Delos Cloud, insbesondere ausgelegt für den deutschen öffentlichen Sektor.
Mit dieser Struktur adressiert SAP explizit Anforderungen wie Datenschutz, Rechtssouveränität und technologische Resilienz.
Warum dieser Schutzmechanismus?
Die Sorge: In einem geopolitischen Konflikt könnten US-Behörden oder die US-Regierung Druck ausüben, Cloud-Dienste für europäische Kunden einzuschränken — ein sogenannter „Kill Switch“. Experten sehen darin eine reale Gefahr, da viele europäische Unternehmen stark von US-Cloud-Providern abhängig sind.
SAP argumentiert, dass durch die Kontrolle über Delos Cloud zumindest in Notfallszenarien ein Schutzmechanismus gegen willkürliche Abschaltungen geschaffen wird. Gleichzeitig betont SAP aber, dass auch bei souveränen Cloud-Angeboten Risiken bestehen – beispielsweise durch Hardware aus den USA oder operative Abhängigkeiten.
Kritik und Grenzen
Trotz der zugesicherten Kontrolle äußern manche Beobachter Zweifel an der tatsächlichen „Souveränität“ solcher Lösungen: Selbst wenn Daten in europäischen Rechenzentren liegen, besteht potenziell weiterhin Zugriff durch US-Behörden – etwa über den CLOUD Act. So warnt etwa das Innenministerium Baden-Württembergs, dass die Kontrolle letztlich bei den US-Anbietern verbleiben könnte.
Ein weiterer Kritikpunkt: Es könne sich um „Souveränitäts-Washing“ handeln – also den Eindruck von Unabhängigkeit zu erzeugen, während die technologische Basis doch stark von US-Infrastruktur abhängt.
Ein Blick nach vorn: Bedeutung für Europa
Diese Vereinbarung zeigt, wie SAP versucht, eine Schlüsselrolle in Europas Strategie für digitale Resilienz und technologische Unabhängigkeit zu spielen. Durch das Angebot souveräner Cloud-Modelle gewinnt das Thema Geschäftskontinuität unter geopolitischen Risiken enorm an Bedeutung.
Gleichzeitig signalisiert der Schritt, dass technologische Souveränität für viele europäische Unternehmen nicht mehr nur ein Schlagwort ist, sondern ein strategischer Imperativ. Aber die Debatte bleibt komplex: Wie unabhängig kann man wirklich sein, wenn Kerntechnologien aus den USA stammen? Und wie hoch sind die Betriebskosten, wenn man strenge Kontrollen, lokale Rechenzentren und „Notfall“-Mechanismen aufbaut?